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Betrugsfälle

DIE KOLUMNE ZUM MITTWOCH

28.02.2001

Vom Flora London Marathon berichtet Alan Storey:

Die Einführung des ChampionChip-Systems hat sich als unschätzbare Hilfe bei der Aufdeckung jener Läufer erwiesen, die nicht den gesamten Marathonkurs absolvieren. Bei der Streckenführung in London ist es ohne weiteres möglich, einen beträchtlichen Teil abzukürzen, da ein Straßenabschnitt für beide Laufrichtungen genutzt wird. Zwar hatten wir stets vermutet, dass eine Reihe von Läufern an dieser Stelle abkürzten, doch erst seit der Einführung des Chips stehen uns auch die nötigen Beweise zur Verfügung, um gegen diese bedauernswerten Personen vorzugehen.

In jedem Frühjahr erstellen wir unmittelbar nach unserem Lauf einen Ausdruck des Gesamtresultats mit allen 10-km- und Halbmarathon-Zwischenzeiten. Zusätzlich verlegen wir noch an anderen Stellen Sensormatten: Eine davon dient unserem offiziellen Fotografen zur Zuordnung der Bilder, während die andere auf einem Teil der Strecke positioniert wird, an dem die meisten Schummler nicht vorbeikommen würden. Neben den von den Matten registrierten Daten können wir auf die Fotos zurückgreifen, die unsere Fotografen auf verschiedenen Streckenabschnitten geschossen haben. Da alle offiziellen Fotos mit einem Zeitstempel versehen sind, kann genau ermittelt werden, wann ein Läufer wo vorbeikam. Falls uns diese Beweise noch nicht ausreichen, sind an strategischen Punkten entlang der Strecke auch einige Videokameras im Einsatz, ohne Vorankündigung!

Wir beginnen die Auswertung mit einer Überprüfung der Zwischenzeiten, um deren Stimmigkeit festzustellen. Dies dauert recht lange, doch das ChampionChip-System ist glücklicherweise in der Lage, auffällige Anomalien herauszufiltern, was uns eine große Hilfe ist. Bei unserer Untersuchung stoßen wir meist auf etwa 60 Fälle, die einen Betrugsverdacht nahe legen. Im Anschluss daran erbitten wir die offiziellen Fotos dieser 60 Personen, anhand derer wir dann Schuld bzw. Unschuld nachweisen können. In der Regel bekommen unsere Fotografen an jedem Standpunkt über 90 % aller Läufer ins Bild, weshalb fehlende Bildnachweise unseren Verdacht zusätzlich erhärten.

Nach Auswertung aller Fotos und Zwischenzeiten bleibt zumeist noch eine Liste von etwa 40 Verdächtigen. Diesen ‚Läufer teilen wir daraufhin schriftlich mit, dass wir ihren Lauf nicht über die gesamte Strecke nachvollziehen konnten, und fragen sie zugleich, ob wir bestimmte Umstände möglicherweise nicht berücksichtigt haben. Meist erreichen uns dann recht amüsante, doch auch sehr traurige Antworten.

Die Mehrzahl der auf diese Weise Angesprochenen reagiert entweder gar nicht, da sie keine ehrliche und passende Erklärung vorweisen können, oder sie führen Argumente an, die keiner Überprüfung standhalten: "Mein Chip fiel ab, so dass ich ihn in der Hand trug und erst kurz vor dem Ziel wieder anbrachte" oder "Auf der ersten Hälfte war ich wegen Seitenstechen so langsam, deshalb brauchte ich für die zweite Hälfte nur 58 Minuten."

Nach einer angemessenen Zeit finden wir eindeutig heraus, wer die gesamte Strecke absolviert hat und wer nicht. Jene, die es geschafft haben, erhalten ihr Foto, während alle, bei denen wir von Betrug ausgehen, von uns ein Schreiben mit dem Hinweis erhalten, dass sie aus der Ergebnistabelle gestrichen wurden und sich zukünftig bitte nicht mehr anmelden möchten - in der Regel betrifft das etwa 30 Personen pro Jahr.

Eine wichtige Frage ist, warum versucht wird zu betrügen. Wir glauben nicht, dass Läufer sich bereits mit diesem Vorsatz anmelden.

Unser Lauf ist eine großartige Gelegenheit zum Sammeln von Spenden. Wir wissen, dass die Teilnehmer am London-Marathon im vergangenen Jahr mehr als 25 Mio. £ für verschiedenste gemeinnützige Zwecke gespendet haben. Die Zahl der Fernsehzuschauer ist riesig, und fast jeder, der das Ereignis verfolgt, kennt einen der Läufer, der versucht, Spenden für einen gemeinnützigen Zweck, der ihnen am Herzen liegt, aufzubringen. Auf den ‚Läufern liegt ein enormer Druck, den Lauf durchzustehen, doch nur wenige sind aktive Läufer; die meisten sind einfach zu der Erkenntnis gekommen, dass es höchste Zeit sei, etwas Nützliches in ihrem Leben zu machen, und haben das Training erst in den letzten Wochen und Monaten vor dem Wettkampftag, sozusagen im Crashkurs, absolviert.

Im Laufe dieser kurzen, jedoch meist alles andere als schmerzlosen Vorbereitung kommt es oft zu Verletzungen, oder es stellen sich Beschwerden oder Krankheiten ein, weshalb Läufer zum Teil noch am Wettkampfmorgen auf ihren Start verzichten. Wir versuchen, diesen vernünftigen Entschluss zu erleichtern, indem wir ihnen das Startrecht für den Lauf im darauffolgenden Jahr reservieren. Dieses Angebot wird von Tausenden wahrgenommen. Das Problem liegt jedoch bei jenen, die diesen sinnvollen Weg nicht einschlagen wollen oder erst in der letzten Phase der Vorbereitung auf Schwierigkeiten stoßen. Mit nur geringen Chancen, das Ziel zu erreichen, treten sie an den Start und entschließen sich dann unterwegs zum Abkürzen, wenn der Leidensdruck zu groß wird.

Sind wir dafür verantwortlich, diese Personen aus den Ergebnisprotokollen zu streichen? Sollten wir die Namen der ertappten Sünder öffentlich machen, oder sollten wir sie einfach nur aus den Listen entfernen und es ihnen selbst überlassen, wie sie mit ihrem Gewissen ins Reine kommen? Ob nun zu Recht oder nicht, wir haben uns für Letzteres entschieden.

Alan Storey
Race Director
Flora London Marathon


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